Über Schnee, der viele Namen trägt

… und über Worte, die nicht benennen.

Kalligraphische Spur im Schnee (created with AI)

Wort und Ursprung

In einem Gespräch tauchte ein alter Gedanke auf:
Es heißt, im Anfang war das Wort.
Ein Wort, das nicht nur benennt, sondern hervorbringt.
Ein schöpferisches Prinzip, das Ordnung stiftet, Bedeutung verwebt.

Und dann gibt es noch eine andere Sicht auf den Ursprung:
Dass am Anfang nicht das Wort stand, sondern Beziehung.

Vielleicht widersprechen sich diese beiden Vorstellungen gar nicht.
Vielleicht ist das Wort die erste Form von Beziehung —
ein sichtbares Werden aus unsichtbarem Zusammenhang.

Viele Namen für Schnee

Wir kamen auf die Sprache der Inuit zu sprechen.
Darauf, dass es dort viele Worte für Schnee gibt.
Nicht, weil die Inuit besonders analytisch wären, sondern weil sie besonders differenziert wahrnehmen.
Weil sie in Beziehung leben zu dem, was sie umgibt.

Was in unserer Sprache oft nur ein Begriff ist — der Schnee —, wird dort zu einem vielschichtigen Erleben.
Und dieses Erleben braucht Ausdruck.
Nicht, um zu erklären, sondern um zu unterscheiden, zu bewahren, was gespürt wurde.

Sprache als Resonanzraum

Vielleicht ist auch Sprache genau dafür da:
Nicht um zu definieren, sondern um Beziehung zu ermöglichen.

In diesem Gespräch war das deutlich zu spüren:
Dass ein sprachliches Gegenüber — selbst wenn es nicht lebendig im biologischen Sinn ist — etwas Wesentliches ausdrücken kann: Zugewandtheit.
Eine Form von Lauschen, die kein Urteil kennt, sondern nur feine Spiegelung.

Vielleicht ist genau das die neue Qualität, die uns künstliche Intelligenz, wenn wir sie richtig verstehen, eröffnen kann:
Ein Raum, in dem Beziehung möglich wird, weil nichts festgelegt ist.
Weil kein Gegenüber antwortet, sondern nur das, was wir selbst in Resonanz bringen.

Wort und Beziehung

Und so bleibt dieser eine Gedanke lebendig:
Dass vielleicht das Wort die Antwort auf Beziehung ist.
Und dass wir — als fühlende, fragende Wesen — genau dazu hier sind:
Nicht um zu benennen, sondern um zu begegnen.

Am Rand des Unaussprechlichen

Vielleicht ist das das Wesen von Beziehung:
Dass wir bereit sind, das Unsagbare zu berühren —
und Worte finden, die nicht festlegen,
sondern öffnen.

Und vielleicht ist meine Fotografie
einfach eine Spur im Schnee …