Schwarzweißaufnahme von Baumkronen und Lichtspiel – Momentfotografie, die die stille Poesie des Komorebi einfängt | Blogbeitrag auf seieineblume.de

Komorebi (木漏れ日) beschreibt im Japanischen das Sonnenlicht, das durch die Blätter der Bäume fällt. Doch mehr noch als das Licht selbst beschreibt Komorebi ein Gefühl: jenes flüchtige Innehalten im Moment zwischen Licht und Schatten, zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem. In diesem Beitrag spüre ich Komorebi nicht nur fotografisch nach, sondern auch als Ausdruck einer tieferen ästhetischen Erfahrung.

Ein Gefühl des Innehaltens

Manchmal, in den frühen Stunden, wenn die Welt noch wie in Watte gehüllt scheint, liegt ein Frieden in der Luft, so zart wie ein erster Sonnenstrahl. Früher nannte ich dieses Gefühl „Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung“. Heute weiß ich: Es ist nicht an eine Tageszeit gebunden. Es ist da, wo ich innehalte. Wo ich den Blick hebe, nicht um etwas zu finden, sondern einfach, um zu sehen. Ein Licht, ein Hauch, ein stilles Versprechen – fast überall, fast jederzeit.

Was bedeutet Komorebi?

Das japanische Wort Komorebi setzt sich aus drei Schriftzeichen zusammen:

  • 木 (ko) – Baum
  • 漏れ (more) – durchdringen entweichen
  • 日 (bi) – Sonne, Sonnenlicht

Wörtlich übersetzt bedeutet es: Sonnenlicht, das durch die Bäume dringt. Doch Komorebi ist mehr als ein optisches Phänomen. Es beschreibt einen flüchtigen Zustand, in dem Licht, Bewegung und Schatten ineinander übergehen – eine stille Erinnerung daran, dass Schönheit oft dort entsteht, wo Gegensätze aufeinandertreffen: Licht und Dunkelheit, Bewegung und Stille. Komorebi brauchen wir nicht zu suchen. Es begegnet uns, wenn wir bereit sind, hinzusehen.

Komorebi in der japanischen Kultur

In Japan ist Komorebi tief in der Alltagssprache, Literatur und Kunst verankert. Besonders in der traditionellen Haiku-Dichtung spiegelt sich die Achtsamkeit gegenüber Naturmomenten wider. Kurze Gedichte halten das Flüchtige und Unsichtbare fest – so wie Komorebi selbst zwischen Licht und Schatten tanzt. Auch in der modernen Popkultur findet Komorebi seinen Ausdruck.

Im Film Perfect Days von Wim Wenders hebt der Hauptcharakter regelmäßig den Blick in die Baumkronen – nicht um etwas zu suchen, sondern um zu verweilen. Das Lichtspiel wird hier zu einer täglichen Geste der Verbundenheit mit der Welt.

Komorebi berührt damit zwei zentrale Konzepte der japanischen Ästhetik:

  • Mono no aware – die Empfindsamkeit für die Vergänglichkeit aller Dinge
  • Wabi-Sabi – die stille Schönheit des Unvollkommenen und Vorübergehenden

Komorebi lädt ein, die Welt nicht festzuhalten, sondern sie im Augenblick zu erfahren.

Komorebi fotografisch erleben

Als ich mich auf den Weg machte, um Komorebi zu fotografieren, wusste ich nicht, dass ich mich eigentlich auf die Suche nach einer Stimmung begab – nicht nach einem Bild.

Ich wollte etwas festhalten, das sich kaum festhalten lässt:
das flirrende Spiel aus Licht und Bewegung, das sich nicht zeigt, wenn man es sucht, sondern wenn man wartet, schaut – und sich finden lässt.

Manchmal denke ich, Komorebi ist wie ein stilles Lächeln der Natur.
Zart, beiläufig, und doch so berührend, dass etwas in einem innehalten möchte.
Es malt Muster auf den Boden, auf Wände, auf Gesichter – und manchmal auch auf den Kamerasensor.
In meinen Fotografien ist Komorebi nicht das Motiv, sondern die Stimmung – ein Zwischenraum, eine Belichtungszeit, ein Atemzug.

Ein Bild, das vielleicht mehr andeutet als zeigt.

Und genau darin liegt für mich seine Schönheit: So wie das Licht nie zweimal gleich fällt, so ist auch dieser Moment: einmalig – und schon vorbei.

Komorebi in Bildform – Meine persönliche Annäherung

Komorebi verblasst leise im Licht der Erinnerung.

Zur Galerie: Komorebi und Fotografie

In dieser Galerie zeige ich meine persönliche Interpretation von Komorebi – eingefangen in Momenten zwischen Licht und Schatten.

Weitere Aspekte zum Begriff Komorebi finden sich im Wikipedia-Artikel, der in Teilen auf diesen fotografischen Impuls zurückgeht.