Intimität und die Farbe Rot
Dieser Impuls ist inspiriert vom Werk [Rendezvous mit weißer Wand →]
Ein Bild, das nicht gesucht
noch geplant war.
Weder das Bild.
Noch die Farbe.
Zuerst gab es nur die weiße Fläche —
nicht leer, sondern weit.
Eine Wand, die nichts erzählt und nichts fragt.
Ich dachte, ich müsste ihr etwas entgegensetzen.
Ein Zeichen. Ein Inhalt. Ein Gedanke.
Aber sie wollte nichts von mir.
Nur, dass ich da bin.
Was dann kam, war eine Spur.
Rot.
Fast hätte ich sie übersehen.
Rot — ein westliches Missverständnis?
Rot war für mich lange mit etwas Lautem verbunden.
Mit Verbot. Mit Lust. Mit Warnung.
So wird es oft im Westen gesehen —
als Farbe, die man zügelt oder vermeidet.
In Goethes Farbenlehre steht Rot zwischen Aktivität und Ernst.
In der Werbewelt steht es für Reiz.
In Schulheften für Fehler.
Rot in der japanischen Kultur
In Japan ist Rot etwas Heiliges.
Sonne, Leben, Schutz.
Ein rotes Tor vor dem Tempel.
Ein Kreis auf weißem Grund.
Feuer, Blut, Freude.
Ein Versuch, Rot zu spüren
Ich habe einmal versucht,
Rot zu spüren —
nicht zu denken.
Ich hatte großformatiges Papier,
und einen Liter Acrylfarbe.
Mit den Händen aufgetragen,
ohne Pinsel, ohne Plan.
Rot ist nicht laut.
Es ist warm.
Strömend.
Lebendig.
Eine Spur von Leben

Mit Händen aufgetragen.
Rot, gespürt – nicht gedacht.